Warum wir alle Phasen im Gebäude­lebens­zyklus aus­schöpfen müssen

Von der ersten Planungs­skizze bis zum Abriss

Kein Gebäude materialisiert sich plötzlich aus dem Nichts und kein Gebäude verschwindet von allein wieder. Doch wenn es um Emissionen und Betrachtungen hinsichtlich der Nachhaltigkeit geht, könnte dieser Eindruck fast entstehen. Geht es darum, zu schauen, wie ein Gebäude seinen energetischen Fußabdruck verringern soll, fällt der Blick selten auf Aspekte jenseits der Nutzungsphase der Immobilie.

Dabei kennt doch jedes Gebäude drei große Lebensphasen: Entwicklung und Bau, Nutzung und schließlich Abriss, Sanierung oder Umnutzung. Wer diese nicht alle stets im Blick hat, dem entgehen zahlreiche Möglichkeiten zur energetischen Optimierung und zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit eines Objekts.

Von der ersten Skizze an

Wie nachhaltig ein Gebäude nach Fertigstellung sein wird, entscheidet sich bereits in den frühesten Planungsphasen. Bereits hier müssen Entscheidungen getroffen werden, welche die späteren Emissionen einer Immobilie maßgeblich beeinflussen.

Soll das Gebäude mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet sein und damit einen Teil seines Strombedarfs selbstständig decken können? Wie gut soll das Gebäude gedämmt werden, um Emissionen und Energieverbrauch gering zu halten sowie im Idealfall schon frühzeitig Fördergelder zu sichern? Soll das Gebäude mittels Smart-Building-Technologie betrieben werden? Diese und zahlreiche weitere Fragen gilt es, frühzeitig zu klären.

Selbstverständlich lässt sich so mancher dieser Aspekte auch später noch nachrüsten. Das kann jedoch teuer werden, wenn etwa frühere bauliche Entscheidungen die Einrichtung der einen oder anderen Technologie erschweren – oder aber sich schlicht und ergreifend in der Nebenkostenabrechnung niederschlagen, wenn ein Gebäude nicht vom ersten Tag an so energetisch effizient wie möglich betrieben wird.

Gebäudenutzung

Natürlich lässt sich der tatsächliche Energieverbrauch eines Gebäudes erst dann messen, wenn es auch genutzt wird. Mit dem Einbau von Sensoren lassen sich punktgenau und umfassend Daten sammeln. Doch ohne eine ganzheitliche Betrachtung lassen sich allerhöchstens hier und da gelegentlich kleinere Erfolge feiern. Auch mit diesen kann man sich schmücken und versuchen, Investoren zu gewinnen.

Dies ist jedoch kein wirklich nachhaltiger Weg, um dauerhaft Energie im Gebäudesektor einzusparen und den Weg zur Klimaneutralität zu gehen. Denn damit ein Gebäude energetisch optimal genutzt werden kann, müssen auch die Nutzer entsprechend informiert sein und sich nach Verhaltensregeln richten. Letzteres lässt sich beispielsweise mit einem sogenannten Green Lease sichern, der Mieter zu einer nachhaltigeren Nutzung einer Immobilie verpflichtet. Ganz zu schweigen davon, dass Sensoren immer mal wieder ausfallen können, nachgerüstet oder ausgetauscht werden müssen.

Den gesamten Lebenszyklus im Blick

Der Fokus wird daher künftig immer stärker auch auf der Planung und dem Abriss eines Gebäudes liegen müssen, wenn es darum geht, die Energiebilanz der Immobilie ganz im Blick zu haben. So ist es etwa schon von entscheidender Bedeutung, für welche Materialien man sich gleich zu Beginn entscheidet. Das geht über die Verwendung nachwachsender Rohstoffe wie Holz hinaus. Bereits vorhandene Elemente können recycelt werden: Sollte ein Gebäude an derselben Stelle einem neuen weichen müssen, lässt sich der abgebrochene Beton unter Umständen wiederverwenden. In Zukunft werden wir es unbedingt vermeiden müssen, dass jede Abrissbirne Unmengen vorgefertigter und nutzbarer Bauteile einfach zerstört. Sonst werden auf den Baustellen in Deutschland auch weiterhin tagtäglich Unmengen an Energie verschwendet.

Der Neubau der Zukunft besteht für 100 Jahre

Das verdeutlicht auch, wie wichtig die Frage ist, was passiert, nachdem ein Gebäude seine Lebensdauer überschritten hat. Zunächst einmal ist es natürlich wichtig, dafür zu sorgen, dass vorhandene Bauten so lange wie möglich stehen bleiben und im Idealfall saniert statt abgerissen werden. Gerade der Neubau von heute sollte nicht mehr nur 30, sondern besser 100 Jahre bestehen können.

Möglich macht das vor allem auch die Konzeption als nutzungsneutrales Gebäude. Das bedeutet: Eine Immobilie sollte so geplant und errichtet werden, dass sie nicht nur für einen einzigen Zweck vorgesehen ist. Stattdessen sollten moderne Neubauten und Sanierungen so konzipiert sein, dass etwa ein Bürogebäude mit nur geringem Aufwand für eine Wohnnutzung umfunktioniert werden kann – und bei Bedarf auch umgekehrt.

Unterm Strich bleibt: Wer wirklich nachhaltig sein will, muss weiterdenken. Investoren und Projektentwickler, die das jetzt schon beherzigen, werden klar im Vorteil sein.